Zehntklässler lassen sich nicht an der Nase herumführen

von Anna Spiegel und Marco Plein

Volontär Marco PLein notiert die Aussagen der Schüler. Foto: Eckhardt
Volontär Marco PLein notiert die Aussagen der Schüler. Foto: Eckhardt

Die einen gehen, die anderen kommen. Die Wahlmobilcrew wechselt, und die neue Besatzung hat's gleich mal mit einem interessanten Termin zu tun. Montagmorgen, halb neun, Treffpunkt an der Alfred-Delp-Schule in Hargesheim bei Bad Kreuznach - eine der größten Schulen weit und breit. Rund 1550 Schüler gehen hier ein und aus, das Wahlmobil hat sich eine zehnte Klasse herausgepickt, um über Politik, Wahlkampf und Parteien zu sprechen.

Nach nur wenigen Minuten steht schon fest: Die Mädchen und Jungen, die meisten sind um die 16 Jahre alt, kennen sich gut aus, haben von aktuellen Themen (Afghanistan, Finanzkrise, Opel) Ahnung, lassen sich von Politikern nicht an der Nase herumführen - kurz: sie dürfen zwar noch gar nicht wählen, sind aber auf dem besten Wege, sich im politischen Irrgarten zurechtzufinden - was für viele Erwachsene ein Riesenproblem scheint, scheinen einige der Schüler an der Alfred-Delp-Schule schon durchschaut zu haben.

"Wenn die Leute nicht kapiert haben, was die Politiker ihnen sagen, dann müssen die später auch ihre Versprechen nicht halten", erkennt Schülerin Marie-Theres Hertel. "Das haben wir doch in Hessen gesehen. Hätte die SPD vor der Wahl gar nicht gesagt, dass sie nicht mit den Linken zusammenarbeiten wollen, hätten sie keine Probleme bekommen."

Mitschüler Alex Schuch bemerkt kritisch: "Außerdem halten sich Politiker nur in den wenigsten Fällen an klare Aussagen. Wenn der Steinmeier sagt, er will vier Millionen Arbeitsplätze schaffen, dann frage ich mich: Wo will der die herhaben?"

"Mir wären manchmal klare Aussagen lieber. Dann sollen sich die Politiker doch einfach ein bisschen weniger aus dem Fenster lehnen", meint Marie-Theres Hertel. "Manchmal wäre etwas weniger Popularismus, eeh Populismus, angebracht, finde ich."

Auf Verständnisprobleme hat Klassenkamerad Julian Sutor gar keine Lust. "Es kam schon vor, dass ich zum Beispiel dem Stoiber eine halbe Stunde lang zugehört habe und am Ende überhaupt nicht wusste, was der eigentlich sagen will (Unser Volontär und Stoiber-Imitator Norbert "Nichtlüg" Martens schaltet sich spontan ein und poltert auf bayrisch: "Das nehmen Sie sofort zurück!") Die Politiker sollen nicht immer so tun, als würden sie in anderen Sphären schweben. Das sind doch alles studierte Leute, die Klartext sprechen können müssten."

Dass die Hargesheimer Schüler am 27. September selbst nicht zur Wahl gehen dürfen, würden viele von ihnen zwar gerne ändern - dass sie sich aber bis zur Erstwahl noch etwas gedulden müssen, ist für sie kein Problem. "Ich finde es nicht schlecht, dass wir mit 16 noch nicht so viel Verantwortung bekommen", sagt Johanna Gmeiner. "So können wir uns noch etwas informieren und werden nicht ins kalte Wasser geworfen, wenn wir 18 sind."

Ines Scheuffele fügt hinzu: "Ich will erst mit 18 wählen gehen, weil auch dann erst alle anderen Rechte dazukommen. Vorher kennen sich die meisten eh noch nicht so gut aus."

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