Feldjäger bereiten sich auf Einsatz in Afghanistan vor

Von Janina Hecht

Die Wahlmobilisten haben Feldjägern über die Schulter geschaut, die in Daaden auf dem Truppenübungsplatz für ihren Einsatz in Afghanistan vorbereitet werden. Foto: Morcinek
Die Wahlmobilisten haben Feldjägern über die Schulter geschaut, die in Daaden auf dem Truppenübungsplatz für ihren Einsatz in Afghanistan vorbereitet werden. Foto: Morcinek

Das Feldjägerbataillon 251 der Bundeswehr bereitet sich derzeit auf dem Truppenübungsplatz Daaden im Westerwald auf seinen Einsatz in Afghanistan vor. Von November bis März wird ein Teil von ihnen dort Polizisten ausbilden.

 

Die Soldaten bewegen sich in leicht geduckter Haltung auf den Feind zu. Ihre Bewegungen sind schnell, fließend. Jetzt stehen sie ihm Auge in Auge gegenüber. Die neun Männer heben die Waffen an. „Legt an!", ruft der Ausbilder. Die Waffen klicken leise. Der „Feind" steht auf einer Wiese auf dem Truppenübungsplatz Daaden im Westerwald und ist aus Holz. Denn die Soldaten üben hier gerade den Umgang mit der Waffe, trainieren Bewegungsabläufe, Magazin- und Waffenwechsel und bereiten sich auf das Schießen vor.

 

Noch bis Ende dieser Woche proben die Soldaten in Daaden nicht nur den direkten Kontakt mit dem Feind, sie haben unter anderem auch Theorieunterricht. „Der theoretische und der praktische Anteil an der Ausbildung macht jeweils die Hälfte aus", erklärt der Kommandeur des Bataillons, Oberstleutnant Sandro Wiesner. Dabei lernen die Soldaten unter anderem, was sie bei einer Fahrt im Konvoi oder bei einem Hinterhalt beachten müssen. Sie werden auch mit der Mentalität und den kulturellen und religiösen Gepflogenheiten vertraut gemacht und lernen, wie sie sich gegenüber der afghanischen Bevölkerung verhalten sollen. Die Räume sind zusätzlich mit landestypischen Trachten und Mitbringseln aus Afghanistan dekoriert, um den Soldaten ein Gefühl für das Land zu vermitteln. Und für den Ernstfall erhalten die Soldaten in Daaden eine Sanitätsausbildung, um Kameradenhilfe leisten zu können, falls ein Soldat in Afghanistan verletzt wird. Das wird hier auf dem Truppenübungsplatz in Daaden sehr anschaulich simuliert. Ein scheinbar stark verwundeter Soldat läuft gerade an den Kasernen vorbei, seine rechte Gesichtshälfte ist Blutverschmiert. "Wir simulieren Verletzungen mit Kunstblut. Das spritzt teilweise richtig umher, um Stress bei den Soldaten zu erzeugen", erklärt Presseoffizier Oberstleutnant Günther Bohn.  

 

Insgesamt 50 Soldaten des Bataillons gehen im November mit Kommandant Wiesner nach Afghanistan. Ein Teil von ihnen wird dort die afghanische Polizei ausbilden. Die Bundeswehr unterstützt seit April 2007 die deutsche Polizei im Norden Afghanistans bei dieser Arbeit. Insgesamt 45 Feldjäger sind daran beteiligt und vermitteln den Afghanen in einem achtwöchigen Kurs die Grundlagen der Polizeiarbeit. Sie lernen dort, wie man eine Person kontrolliert oder einen Wagen durchsucht und wie man den Verkehr regelt" erklärt Sandro Wiesner. Auch wie man nach einem Anschlag den Tatort sichert, so dass die Ermittler ungestört ihre Arbeit machen können, gehöre zum Ausbildungsprogramm.

 

Laut Wiesner stößt die Bundeswehr bei der Polizeiausbildung auch auf Schwierigkeiten. Korruption sei ein Problem und es passiere auch mal, dass ein Ausgebildeter anschließend überlaufe. Wie Major Michael Feyen berichtet, haben die Polizisten außerdem in der Regel kaum Vorkenntnisse. Und ein sehr großes Problem sei die fehlende Bildung. „Der Anteil der Analphabeten bei Straßenpolizisten liegt bei über 80 Prozent", sagt Feyen. „Aber die Ausbilder sind da kreativ". Fahrzeugkontrollen würden zum Beispiel mit Spielzeugautos nachgestellt. Auch Frauen auszubilden ist laut Oberstleutnant Wiesner immer noch schwierig. "Gegen Frauen, die Polizisten werden wollten, gab es sogar Morddrohungen", sagt er.

 

Zwischen 10 000 und 15 000 afghanische Polizisten sollen im Norden des Landes insgesamt ausgebildet werden, rund 5 000 seien es mittlerweile. „Das ist ein langer, langer Weg und dafür reichen die Mittel und das Personal einfach nicht aus", erklärt Wiesner. Aber generell sieht man hier die Arbeit mit den afghanischen Polizisten positiv. Michael Feyen hat von November 2007 bis März 2008 in Afghanistan am Standort Mazar-e-Sharif Polizisten ausgebildet. „Die Leute sind hoch motiviert", berichtet er. Und die Bevölkerung sei den Deutschen nach wie vor positiv gegenüber eingestellt. Auch die Stimmung unter den deutschen Soldaten sei trotz der heutigen Sicherheitslage gut. Obwohl diese sich in den vergangenen zwei Jahren schon verändert habe. "2009 ist nicht 2007. Damals gab es noch keine Anschläge auf deutsche Truppen. Da war das Bedrohungsgefühl noch ein ganz anderes", sagt er.  

 

Auch Hauptfeldwebel Andreas Hoppmann berichtet von vielen positiven Erlebnissen in Afghanistan. Er hat zuletzt bis Anfang dieses Jahres in Kholm eine gesamte Polizeistation ausgebildet. „Das hat denen so gut gefallen, dass die uns zum Abschied eine landestypische Tracht geschenkt haben". Und als während des Aufenthalts Hoppmanns Tochter in Deutschland geboren wurde, hat ein Dolmetscher ihm Babyklamotten mitgegeben. Doch trotz allem sei das heute ein anderes Gefühl, nach Afghanistan zu gehen. Auch für die Familie sei das schon eine Belastung. „Aber wir sind freiwillig hier, wir wissen, worauf wir uns einlassen. Ein Feuerwehrmann kann auch nicht sagen, ich geh nicht ins brennende Haus", sagt er.

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