Setzt Steinmeier die Kanzlerin in den Zug?

Sein Sakko hat Frank-Walter Steinmeier längst abgelegt, jetzt krempelt er sich seine Hemdsärmel bis zu den Ellbogen hoch. Gleich geht's auch hier, bei seinem Auftritt in Trier an der Porta Nigra, um die Kanzlerschaft. Kurt Beck, der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, gibt grade noch den Einheizer, stimmt die rund 3000 versammelten Genossen auf eine überzeugende Darbietung ein. So haben sie es jedenfalls geplant, die beiden SPD-Top-Politiker, Beck und Steinmeier.

 

Und dann hat Beck fertig, gesellt sich zum Clan der lokalen und regionalen SPD-Größen, die sich in solchen Wahlkampfzeiten üblicherweise im Gefolge der Top-Kandidaten bewegen. Das ist bei allen Parteien so, das demonstriert innerparteiliche Geschlossenheit und natürlich soll auch vom Glanze des jeweiligen Stargasts etwas auf die eigene Person abfallen.

 

Stargast Steinmeier selbst spricht in Trier rund 40 Minuten, er ist engagiert und er attackiert. Sympathisch an seiner Vorstellung - jedenfalls auf den ersten Blick - ist, dass er auch die eigenen Fehler anspricht. Natürlich steckt da eine Strategie hinter: Die Schwächen der SPD waren in den vergangenen Monaten derart offensichtlich - Steinmeier kann sie gar nicht verschweigen. Zweitens wiegen sie nicht ganz so schwer, wenn er verbal anschließend ordentlich auf FDP und Union draufhaut.

 

Das tut Steinmeier, muss er auch, weil er in den Umfragen zwar nicht mehr so weit hinter der Kanzlerin liegt, aber trotzdem noch arg zulegen muss, will er sie am Sonntag aus dem Kanzleramt kicken. Seine Frage an seine Trierer Fans deshalb: „Wer will denn eigentlich schwarz-gelb wählen?" Und, bezogen auf das Krisenmanagement der Kanzlerin: „Welche Idee, welcher Vorschlag kam denn von der Union?" Pause. „Keiner!", ruft da eine und Steinmeier meint: „Ja, was anderes fällt mir auch nicht ein." Zu Merkel selbst: „Sie will ne Zugfahrt machen, hat sich den Rheingoldzug gemietet, Tässchen Kaffee, Stück Kuchen, kann man ja machen. Aber der Zug fährt in die falsche Richtung. Nämlich in die Vergangenheit."

 

Das sind die pointierten Passagen seiner Rede und die kommen - wen wundert's - bei den Trierern am besten an. Auf Steinmeiers Wahl-Versprechen - etwa: das deutliche „Nein" zur Atomenergie, Mindestlöhne, keine Gebühren an Kitas und Unis, kurzum: mehr soziale Gerechtigkeit - reagieren sie verhaltener: Kann Steinmeier das wirklich durchsetzen? Erhält er überhaupt die Chance dazu?

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