Merkel hat eine große Chance verpasst

Michael Bongard
Michael Bongard

Für genau 31 Minuten hat Angela Merkel Koblenz ihre Aufwartung gemacht. Die Bundeskanzlerin war im legendären „Rheingold-Express" anlässlich des 60. Jahrestags der Kanzlerkrönung Konrad Adenauers auf der Durchreise von Bonn nach Berlin. Elf Tage vor der Bundestagswahl hatte Merkel bei ihrem Koblenzer Kurzauftritt die Chance, viele Erstwähler für sich zu gewinnen. Die Möglichkeit hat sie verpasst.

 

Knapp die Hälfte der 1500 Besucher kam gerade von der Schule. Entweder führte ein Wandertag zum Bahnhofsvorplatz oder die Politikstunde wurde kurzerhand zu Angela Merkel verlegt. Die Bundeskanzlerin war über die Anzahl der Nachwuchswähler überrascht, als sie um 10.42 Uhr vor das Publikum trat: „Es ist schön, dass viele junge Leute hier sind. Für Euch wird das heute eine besondere Geschichtsstunde."

 

Damit traf sie allerdings nicht den Nerv der jungen Leute. Dass Adenauer vor 60 Jahren zum Kanzler gewählt wurde oder dass vor 20 Jahren dank Helmut Kohl die Mauer fiel - das alles hörte sich gut an, doch für die Hälfte der Zuhörer war dies einfach nicht greifbar. In ihrer Zwölf-Minuten-Rede richtete Merkel außer ihrem Hinweis an die „Gratis-Geschichtslektion" kein Wort an die jungen Erwachsenen. Logisch, dass Erstwähler wie Patrick Hessel (18) enttäuscht von dannen zogen: „Das war kein berauschender Auftritt. Merkel hat nichts Konkretes gesagt. Als Erstwähler kannst du von so einem Auftritt nichts mitnehmen."

 

Die junge Generation hätte gerne von der CDU-Frontfrau gehört, was auf sie in der Zukunft zukommt, welche Perspektiven sie haben. Merkel stieß jedoch nur die üblichen Wahlkampf-Parolen aus: „Wir kommen aus der Krise. Ja, wir schaffen das!" Das hörte sich schwer nach Bob der Baumeister an - und der trifft ja auch nicht (immer) den Geschmack der jungen Leute.

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Kommentare: 3
  • #1

    stiller (Dienstag, 15 September 2009 18:19)

    Wahlkampf war das wirklich nicht, was Frau Merkel heute in Koblenz gezeigt hat.

  • #2

    Heike (Dienstag, 15 September 2009)

    Na, wer sich selbst schon als ein Thema für "Geschichtsstunden" ansieht, ...

  • #3

    Nobbi (Donnerstag, 17 September 2009 21:40)

    Top! Du hast es auf den Punkt gebracht! Schema-F-Kuschelwahlkampf von Merkel. Allerdings war auch die Akustik total mies und einer Kanzlerin unwürdig. Das man ihre Stimme hinten nur unverständlich-knarzend aus den Boxen hörte ging gar nicht. Wäre genauso, als wenn man Real Madrid einläd und die teuren Kicker dann auf nen Rübenacker spielen lässt! ;-)