Wahlstand-Check 1: Idar-Oberstein

Christian Cullmann hat in der Schmuckstadt gut gesammelt.
Christian Cullmann hat in der Schmuckstadt gut gesammelt.

Von Sine Weisenberger und Markus Gerhold

 

Christian Cullmann hat reichlich Beute gemacht. Der Idarer trägt einen durchsichtigen Beutel durch die Fußgängerzone von Oberstein. Die Tüte ist bis an den Rand mit Kugelschreibern, Kniffelspiel, Karten, Luftballons, Getränkeflaschen und Broschüren gefüllt. Alles abgestaubt bei den Wahlständen der Parteien, die an diesem Samstagmorgen in der Fußgängerzone auf Stimmenfang sind. Denn die Uhr tickt. Noch gut eine Woche bis zur großen Entscheidung. Genau wie Christian Cullmann will nun auch das Wahlmobil-Team wissen, was es für den Wähler zu holen gibt.


Bei Tanja Krauth, der Spitzenkandidatin der Linken im Wahlkreis 202, gibt es für die Tüte lediglich einen Kugelschreiber, dafür um so mehr Papier. Schließlich setzt die 41-Jährige vor allem auf Inhalte – sagt sie. Ihre Helfer haben deshalb jede freie Fläche dazu benutzt, Gilsbachs Eck mit Plakaten zuzuhängen. Darauf prangen in großen Lettern Schlagworte wie „Raus aus Afghanistan“, „Hartz IV muss weg!“ oder „Mehr Geld für Bildung, nicht für Banken“. Schwere Kost, „aber Themen, die die Menschen bewegen“ – sagt Krauth.


Die SPD setzt einige Meter  weiter unten erst mal auf leichte Kost, um potenzielle Wähler zu locken. Neben Traubenzuckerbonbons haben die Genossen extra ihr Waffeleisen ausgepackt und beglücken die Passanten mit selbst Gebackenem. Zusammen mit reichlich Infomaterial die süße Grundlage für das anschließende Gespräch.
Und auch sonst zeigen sich die Genossen großzügig: Zum Abschied gibt es noch Luftballons, Kugelschreiber und Labellos. Insgesamt 25 000 Geschenkartikel hat die SPD für diesen Wahlkreis geordert. Der absolute Renner seien übrigens die neuen roten Lippenpflegestifte. Dr. Jörg Bruch, Regionalgeschäftsführer der Partei: „Die gehen weg wie warme Semmeln.“


Wer danach dringend was zu Trinken braucht, muss nur nach Menschen in orangefarbenen Polo-Shirts Ausschau halten. Das ist kein Problem: Die CDU-Wahlhelfer stechen mit ihrem knalligen Einheitsdress unübersehbar aus der Menge hervor. Sie haben sich unterhalb der Christuskirche unter anderem mit kleinen Getränkeflaschen in Stellung gebracht. Spitzenkandidatin Julia Klöckner lächelt dabei kokett vom Etikett der Wasser- oder Apfelsaftflasche.
Kleine Geschenke verteilen – eine Masche, die offenbar zieht. „Die Leute kommen, fragen nach, sind offen fürs Gespräch. Lassen sich dann auch Sachen erklären und zeigen“, erzählt CDU-Wahlkampfhelferin Melanie Gerster. Wie die Helfer der anderen Wahlkampfteams steht sie seit 9.30 Uhr in der Fußgängerzone.

 

Schließlich trifft man hier am Samstagmorgen die meisten Passanten. Potenzielle Wähler, die sich die Grünen in Oberstein großzügig entgehen lassen. Das Wahlmobil-Team kann sie immerhin in Idar aufspüren. Dort machen die Grünen anlässlich des Weltkindertages mit einem lokalen Thema für sich Werbung. Mit selbst gebastelten Plakaten wollen sie die jugendlichen Skater unterstützen. Die dürfen auf dem Schleiferplatz nämlich nicht mehr üben. „Ungerecht“, findet das Parteimitglied Thomas Petry. „Die sollen hier lieber Krach machen und skaten, als Bier trinken und Blödsinn veranstalten.“ Ganz nebenbei betreibt das Team mit Sonnenblumenkernen, Rezepten und genfreiem Mais auch noch ein bisschen Wahlkampf für den 27. September.   


Die FDP hingegen spart sich an diesem Samstagmorgen komplett den Kampf am Wahlstand. Von ihr fehlt sowohl in Idar als auch in Oberstein jede Spur.

Wahlstand-Check 2: Bad Kreuznach

Alle Direktkandidaten zeigten sich.
Alle Direktkandidaten zeigten sich.

Von Sine Weisenberger und Markus Gerhold

Julia Klöckner, CDU-Bundestagsabgeordnete, steht am Samstagmittag in der Bad Kreuznacher Fußgängerzone und schüttelt und schüttelt und schüttelt Hände. Gut gelaunt und immer schön freundlich.  Dabei liegen schon drei Stunden Straßenwahlkampf hinter ihr und ihren Helfern. Wie die anderen Parteien buhlen sie im Herzen der Stadt um die Gunst des Wählers.


 Kein Wunder: Die Uhr tickt. Noch acht Tage bis zur Bundestagswahl und Julia Klöckner will wie Fritz Rudolf Körper (SPD) und Walter Jung (FDP), Stephanie Otto (Grüne) und Tanja Krauth (Linke) für den Wahlkreis 202 ins Berliner Parlament. Deshalb muss jetzt jede Gelegenheit genutzt werden, um Wählerstimmen zu fangen. 
Während Klöckner noch Hände schüttelt, bricht gegenüber die FDP bereits ihre Zelte ab. Genug gekämpft für heute, findet das liberale Helferteam. Den Vormittag haben sie fleißig Fähnchen und Luftballons, Frisbeescheiben und Einkaufschips, Flugblätter und Broschüren unter das Wahlvolk gebracht. Kandidat  Walter Jung will den Rest des Tages aber noch dafür nutzen, ein paar Plakate aufzuhängen.  


Auch die Grünen beginnen bereits ihre Gasmaske, den Schutzanzug und die selbst gebastelten Atommüllfässer einzupacken. In voller Montur ist der Parteinachwuchs durch die Fußgängerzone gezogen und hat den Passanten dabei Postkarten, Flyer und Aufkleber gegen Atomkraft in die Hand gedrückt. „Ein Thema, das die Leute auf jeden Fall bewegt“, sagt Maximilian Pichel, Mitglied des Bundesvorstands der Grünen Jugend und gebürtiger Bad Kreuznacher. „Das liegt vielleicht auch daran, dass der Wahlkampf ziemlich langweilig verläuft und bisher kein richtiges  Thema gesetzt wurde“, ergänzt er. Bilanz: Viele Diskussionen und vielleicht ein paar Stimmen mehr hat die grüne Jugend erobert. 


Mit einer erstaunlich jungen Truppe ist auch die SPD an diesem Vormittag präsent. Neben Labellos, Kugelschreibern, Luftballons und reichlich Infomaterial gab’s an ihrem Stand noch eine Wahlwerbung der besonderen Art: selbst gebackene rote Waffeln mit einem SPD-Logo aus Puderzucker.


Fritz Rudolf Körper hat an diesem Tag gerade auch mit vielen jungen Menschen gesprochen. Vielleicht lag’s an den Waffeln, auf jeden Fall hat es ihn gefreut, mit den potenziellen Wählern ins Gespräch zu kommen. Frohgemut geht es daraufhin bei den Genossen an den Abbau.


Die Linken haben zu diesem Zeitpunkt ihren Stand und die Plakate mit Schlagworten wie „Raus aus Afghanistan“, „Hartz IV muss weg!“ oder „Mehr Geld für Bildung, nicht für Banken“ schon abgebaut. Sie standen am Eingang der Fußgängerzone und mussten an diesem Samstag ohne ihre Spitzenkandidatin auskommen. Die hat den Morgen über in Idar-Oberstein um Stimmen geworben. 


Mittlerweile hat auch das CDU-Team genug vom Wahlkampf. Julia Klöckner setzt sich noch für ein letztes Foto auf die orangefarbene Gartenbank, die sie immer im Gepäck hat. Das Verteilen von Kulis, die Gespräche mit Passanten, es hat sich gelohnt. Das Interesse das Leute war groß und ein Mann ruft ihr noch schnell zu: „Meine Stimme hast Du.“ Wieder einer mehr im Kampf um die Sitze im Bundestag.